Die Ära Sportmoppeds

Honda VF1000R

Die Jüngeren werden sich noch daran erinnern wie es war, als damals die ersten echten Sportmoppeds in Großserie hergestellt und auf den Markt geworfen wurden. Versetzen wir uns kurz zurück in das Jahr 1984: In den Schaufenstern stehen die Kawa GPz900R, die Honda VF1000R, Yamahas Topsportler war die Zweitaktende RD500LC und die GSX-R gab es erst mit 400 Kubik und nur in Japan.

Technik

Kawasaki GPz900R

Vollverkleidungen, Gußfelgen (vorne in handlichen 16 Zoll, hinten in mächtiger 140er Breite), stabile Rahmen aus Vierkantprofilen (in Japan gab es schon erste Modelle mit Rahmen aus Aluminium), Wasserkühlung, Monofederbein und luftuntestützte Anti-Dive-Gabeln. Diese Sportmoppeds waren die technische Speerspitze der Marken und ein ganzes Stück besser als die Nicht-Sportler. Damals waren das noch Unterschiede, die ein Normal-Fahrer auf der Straße erfahren konnte.
Heute sind auch die billigen Einsteiger-Moppeds mit verdammt guten Fahrwerken ausgestattet, wer da mit einem Supersportler auf der Landstraße deutlich schneller sein will, darf sich nicht an die Verkehrsregeln halten. 

Bequemlichkeit

In Deutschland nannte Yamaha sie RD500LC

Wer sich heute mal auf einen Sportler von 1984 oder früher setzt, wird sich vorkommen, wie auf einem Sporttourer, nicht nur wegen der gemütlichen Sitzposition. Die oben aufgezählten Moppeds waren nach heutigen Maßstäben ganz schön schwer. Selbst die RD500LC kommt auf 216 kg (die japanische R-Version mit Alurahmen war 9 kg leichter), die 122 PS (in Deutschland nur 100) starke VF1000R drückte sogar 272 kg auf die Waage.

1985 –  Das Jahr in dem Sie Kontakt aufnahmen

Yamaha FZ750

Dann kam die FZ750 und Yamaha hatte einen sportlichen Viertakter im Programm, ganz neu mit fünf Ventilen. Die Zylinderbank war nach vorne geneigt um den Schwerpunkt zu senken und der Motor leistete 106 PS (in Deutschland nur 100), deutlich mehr als die damals klassenüblichen 90 PS. Die 241 kg waren dagegen üblich. Die 85er Suzuki GSX 750 EF mit Vollverkleidung hatte eben diese 90 PS bei 237 kg, war seit diesem Jahr aber nicht mehr die sportliche Speerspitze aus Hamamatsu. 
Es kam eine neue sportliche Suzuki, die GSX-R. Die hatte die 106 PS (aber nicht in Deutschland) der Yamaha, wog jedoch nur 201 kg. Bamm!

Damals

Suzuki GSX-R750

Das war die gute alte Zeit, von der gerne gesprochen wird. Damals haben die Moppedfahrer den Händlern die neuesten Sportler aus den Händen gerissen und vor lauter Moppeds konnte man keine Autos mehr auf der Straße sehen. Jahresfahrleistungen von mehreren 100.000 Kilometer waren selbstverständlich und jedes Wochenende wurde die Welt gerettet.
Oder so.

Echte Zahlen

1985 wurden 122.343 Moppeds neu zugelassen, 1990 nur noch 111.208. Heute sprechen wir von einer Krise, denn es wurden nur noch 143.885 Verkäufe. Die wirkliche gute alte Zeit war im Jahr 2.000, als 253.138 Moppeds zugelassen wurden.
Übrigens 1965 (was die noch älteren für die Gute Alte Zeit halten) waren es nur 6.004 insgesamt. Mehr Zahlen gibt es auf Statista und auf der Website des KBA.
Eine genaue Aufschlüsselung der verkauften Modelle aus den 1980ern habe ich nicht gefunden. Ob die neuen Sportler ab 1985 wirklich auch in den Bestsellerlisten ganz oben standen, weiß ich also nicht. Trotzdem behaupte ich: Damals begann die Ära der Sportler. Wann Sie endete kann ich an keinem Jahr festmachen, aber spätestens jetzt, mit dem Ende der Fastbike.

P.S.
„2010 – Das Jahr in dem Sie Kontakt aufnahmen“ kam in Deutschland wirklich 1985 in die Kinos.

P.P.S.
Ich habe die obigen Daten von https://www.bikez.com übernommen, auf http://www.motorcyclespecs.co.za stehen manchmal abweichende Daten. Wer andere Quellen hat, immer her damit.

P.P.P.S
Wer die Zeit anders in Erinnerung hat oder glaubt, die Ära der Sportmoppeds dauert noch an, ist eingeladen, hier zu kommentieren.

Supersportler, die beliebtesten Moppeds der Welt (oder so)

Am 22. April hatte AutoScout24 eine Pressemeldung über die Top 10 der beliebtesten Moppeds veröffentlicht. Dabei wurden nicht die Verkaufszahlen zu Grunde gelegt sondern die Anzahl der aufgerufenen Detailseiten im März (ich nehme an März 2015, aber das wird in der Meldung nicht explizit gesagt).
Überraschenderweise lag nicht das meistverkaufte Mopped vorne, die 1200GS sondern die R1 von Yamaha. Die ist in der Zulassungsstatistik vom März 2015 nicht mal auf einen der ersten 50 Plätze zu finden, weil sie vermutlich noch nicht ausgeliefert wird. Aber auch im Gesamtjahr 2014 ist sie dort nicht zu finden.
Auch die weiteren Plätzedes AutoScout-Ranking sucht man in der Neuzulassungs-Top50 (jedoch von Jan bis März kumuliert) vergeblich. Bei Autoscout  regieren die Supersportler: R1 (Platz 1), R6 (Platz 2), CBR 600 – hier wird nicht zwischen F, R und RR unterschieden (Platz 3), GSX-R1000 (Platz 5), CBR 1000 (Platz 7), GSX-R600 (Platz 8), ZX-6R (Platz 9) und GSX-R750 (Platz 10).

Die einzigen Nicht-Superportler sind die Z 1000 auf Platz 6, wobei die Kawa verdammt nah an einem Supersportler dran ist und natürlich die 12er GS auf Platz 4. Bei der GS werden aber wohl nur die wassergekühlten betrachtet, nicht jedoch die ganzen Vorgänger-Generationen. Warum das so ist, wird nicht erklärt.

Die Autoscout-Zahlen sollte man dabei jedoch nicht überbewerten. Die Motorradindustrie lebt nicht von angeguckten Moppeds sondern von gekauften. Außerdem handelt es sich hier nur um die Zahlen von einer einzelnen Gebraucht-Börse, alle anderen Websites wurden nicht berücksichtigt.

Interessant finde ich es dennoch, dass die Supersportler in so geballter Masse dort auftauchen.

Über die Gründe lässt sich gut spekulieren und mir fallen bestimmt ein dutzend mögliche Erklärungen ein.
Ich bin mal gespannt, ob ich wirklich auf so viele komme, am Ende des Artikels werde ich sie auflisten. Ihr dürft Eure Ideen gerne in den Kommentaren anhängen. Einige der Gründe lassen sich bestimmt mit zusätzlicher Recherche erhärten oder widerlegen, das dürft Ihr auch gerne in den Kommentaren machen.

Vorher möchte ich jedoch noch auf die „Durchschnittspreise“ hinweisen, die in der Top-10 ebenfalls angegeben sind. Ich nehme an, es sind die Preise, die in der Anzeige aufgerufen werden und nicht die tatsächlich gezahlten, aber hey, es sind immerhin Zahlen. Die Preise liegen zwischen € 4.500 (GSX-R750 und ZX-6R) und 6.900 (CBR 1000). Da bewegen wir uns schon auf dem preislichen Niveau einiger aktueller Bestseller wie den NCs, ERs und MTs.

Wenn es also jemandem gelingen würde, dass aufgeflammte Interesse an Superportlern mit einem Modell aufzugreifen dass mindestens 600 Kubik und 100 PS (so wie im Beleibtheits-Ranking) hat, dabei aber preiswert ist, könnten da Stückzahlen am Markt gehen.
Weg mit dem ganzen teuren Firlefanz wie Federelemente die sich in Vorspannung, Zugstufe, Druckstufe, High- und Low-Speed einstellen lassen, super teure Hightech-Materialien, elektronischem Over-Kill und her mit einem preiswerten Einstiegs-Gerät, dass den Duft der Begehrlichkeit verströmt. Wo bleibt die Suzuki GS-RR 750 mit einem 100+ PS Motor im einfachem Fahrwerk und vielleicht einem Doppelscheinwerfer im Stil des letzten Jahrtausends für € 8.500? eine nackte GSR gibt es doch auch  und sogar auf Platz 11 in den Zulassungs-Charts. Wenn die Japaner das nicht bauen, dann kommen bald die Chinesen und machen das. Oder will der Supersport-Fahrer lieber ein gebrauchtes Topmodell statt einem abgespeckten Einsteigermodell? Ich weiß es nicht, momentan hat er jedoch keine Wahl und muss zum Gebrauchten greifen.

Meine vermuteten Gründe warum gebrauchte Supersportler so oft angeklickt werden

  1. Die aktuellen Neuheiten von Yamaha, BMW, Ducati und Co. wecken wieder Begehrlichkeiten.
  2. Die aktuellen japanischen Supersportler wurden in den letzten Jahren so wenig verbessert, dass man ruhig ein älteres Baujahr kaufen kann ohne viel Stammtisch-Performance einzubüßen.
  3. Es ist ein Phänomen, dass nur bei AutoScout auftaucht.
  4. Es ist ein März-Phänomen, in anderen Monaten sieht es ganz anders aus.
  5. Andere Modellreihen werden oft umbenannt oder bei Autoscout zu kleineren Clustern zusammengefasst, so dass dort kleinere Aufrufzahlen in der Statistik stehen (Siehe GS und CBR 600).
  6. Ein Supersportler wird nur kurz gefahren und dann zu einem neueren oder größeren Modell gewechselt. Der Gebrauchtmarkt ist also größer, bei einer kleinen Fahrzeuganzahl.
  7. Der Supersportler wird angeguckt, etwas Vernünftigeres gekauft.
  8. Supersportler werden auch von Nicht-Moppedfahrern angeguckt um davon zu träumen, also nur gucken, nichts kaufen.
  9. Es gibt so viele Angebote dass selbst eine geringe Click-Trough-Rate bei einzelnen Angeboten zu hohen Gesamtaufrufen beim Modell führen.
  10. Der Supersport-Fan behält den Markt im Auge und guckt oft nach Schnäppchen.
  11. Es gibt keine neuen Einstiegs-Supersportler, daher muss gebraucht gekauft werden.
  12. Mist, mit einem Dutzend Gründen habe ich den Mund weiter oben wohl doch etwas zu voll genommen.

Ein bisschen Gegenrede zu „Kein Grip, kein Grips“

Jochen hat im SPOn seine Meinung zur aktuellen Supersportler und PS Initiative in der Motorrad Industrie geäußert. Ich finde es gut, dass es jenseits von Jubelarien auch Meinungsäußerungen gibt. Besonders gut finde ich es, wenn jemand eine andere (und damit falsche) Meinung hat als ich, denn dann kann ich auch etwas dazu schreiben.

Es ist gut, dass es endlich Moppeds mit mehr als 200 PS gibt. Dieses vorauseilenden Gehorsam-Dückmäusertum kann ich nicht leiden. Unsere Tachos zeigen keine 300 mehr, damit der Gesetzgeber nicht auf die Idee kommt, Motorräder auf 300 km/h zu limitieren. Was ein Quatsch, unsere Gesetztgeber kommen auch von alleine auf total blöde Ideen die den Spaß auf dem Mopped viel stärker einschränken. Die 200PS Verleugnung ist nun vorbei.

Braucht man mehr als 200 PS auf der Straße? Nur wenn man über 300km/h fahren will. Für die Beschleunigung von der Ampel weg ist ein langer Radstand deutlich sinnvoller. Das berühmte Harley vs. Fireblade Video kennt Ihr doch, oder? Falls nicht, klickt den Link.

Auf der Landstraße darf man nur 100km/h fahren (wisst Ihr doch und macht Ihr doch auch), das schafft man auch mit 12 PS.

Braucht man einen Supersportler? Nur auf der Rennstrecke.

Braucht man überhaupt ein Motorrad? Auf jeden Fall viel nötiger als ein Auto; nur damit das geklärt ist!

Glücklicherweise gibt es nicht nur solche Motorräder am Markt, die man braucht. Wenn ich es mir recht überlege, gibt es bei uns fast gar keine Motorräder die jemand braucht, dafür aber eine Menge Moppeds, die jemand will. Und darauf kommt es ja an, denn es werden nur solche Moppeds gekauft, die der Kunde will. Diesen Kaufwillen beim Kunden auszulösen ist jedoch eine komplizierte Aufgabe und ein vielschichtiges Unterfangen. 200 PS Supersportler mit dem vollen Elektronik-Paket werden in erster Linie nicht gebaut, um davon große Stückzahlen zu verkaufen, es sind Markenbotschafter und Imageträger. Aus dem Top-Supersportler wird dann mit 10 cm mehr Federweg, 20 kg mehr Gewicht, ein paar dutzend PS weniger und einem Rohrlenker ein ReiseSportEnduroTourer. Voilà, davon versprechen sich die Hersteller große Stückzahlen, denn die Zeiten, in denen die ReiseEnduro ein zivilisierter Dakar-Renner ist sind schon lange vorbei. Es muss also ein anderes unvernünftiges Mopped her, das zivilisiert werden kann.
Ich behaupte mal, selbst ein Cyril Depres könnte mit einer einer serienmäßigen 1200er GS (oder 1290er KTM oder was auch immer) nicht unter die Top 100 der Dakar fahren. Ein Valentino Rossi wird mit S1000XR auf dem Rennstreckentraining jedoch nur noch von einem Valentino Rossi auf einer S1000RR hergebrannt. Die XR ist also näher an Ihrem unvernünftigen Vorbild als die GS und profitiert demnach mehr davon.

Im Neuromarketing wird behauptet, dass eine emotionale Entscheidung (Das geile Teil will ich!) doppelt so schnell getroffen wird, wie das Gehirn denken kann (Das ist doch total bekloppt, das brauch ich gar nicht). Dann wird in der Regel ein Kompromiss zwischen Herz und Hirn geschlossen und etwas gekauft, damit beide Systeme ihre Belohnungs-Hormone auskippen können. Also in etwa, ich kaufe nicht den Supersportler, sondern die ReiseSportEnduroTourer-Version, das ist viel vernünftiger. Ist natürlich jetzt simplifiziert, aber so in etwa wird das den Entscheidungsträgern heute erklärt.

Deshalb gibt es 200 PS mit Magnesium und Titan und Kohlefaser (nicht mit weglassen, was man weglässt kann man nicht bewerben und verkaufen) für wenig Gewicht, ganz viel Elektronik (das Vernunft-Element für den Emotionsträger) und sonst noch anderen leicht erklärbaren Superlativen und Zutaten.

Ducati weiß das schon lange und verkauft vom jeweiligen Topmodell noch S und R Versionen und Superleggera und limitert und teuer, die auf dei Basis-Version herabstrahlen. Die Japaner waren dagegen immer schon Schnäppchen, weil in Japan noch für Stückzahlen gebaut wurde. Diese Zeiten scheinen nun vorbei zu gehen. Auch in Japan scheint man erkannt zu haben, dass man nicht nur mit Stückzahlen Gewinn erzielen kann. Die Preise für die H2 und H2R (ca. 50.000,- Eumel) von Kawasaki deuten das ebenso an die Existenz der RC213V von Honda, die in der Vergangenheit schon mal ein Motorrad für 100.000 D-Mark im Angebot hatten.

Die wirklichen Stückzahlen werden in Zukunft wohl wieder über die Brot-und-Butter Moppeds erzielt, denn sowohl Honda als auch Yamaha haben in den vergangenen Jahren in diesem Bereich wieder neue Maschinen präsentiert, ich sage nur MT und NC.

Ich deute das neue Wettrüsten als einen Auftakt wieder offensiver am Markt aufzutreten, mehr Einsteiger und junge Menschen für das Motorrad zu interessieren und nicht nur die Altmodelle zu verwalten.

Ob so ein 200 PS Supersportler wirklich eine Millionen elektronischer Helferlein zum fahren braucht? Keine Ahnung. So wie ich fahre brauche ich sie nicht, aber die wenigsten Moppeds werden doch zum fahren gekauft. Guckt Euch mal die Kilometerleistungen der Gebrauchten an. Und wenn ein Motorradbesitzer dann von seinem elektronisch gesteuerten Bürgerkäfig für die jährliche Urlaubstour aufs Mopped steigt schadet es wohl nicht, wenn das auch elektronisch geregelt wird.

Das erste Mal auf der Rennstrecke #Mintt11

Der letzte Blogbeitrag von dem grandiosen Tag in Baden-Baden, zu dem mich Metzeler eingeladen hatte. Mein persönlicher Höhepunkt: fahren auf der Rennstrecke. Bisher bin ich schon einige 100.000 Kilometer mit motorisierten Zweirädern unterwegs gewesen, immer auf der Straße. Jetzt durfte ich das erste Mal auf eine Rennstrecke. Streng genommen ist es keine Rennstrecke sondern eine Teststrecke, aber es ist ein abgesperrter Rundkurs und das zählt. Die Teilnehmer wurden in drei Gruppen eingeteilt, ich war in der blauen, der mittleren Gruppe. Anfangs war ich skeptisch ob ich als Neuling nicht eher zu den Langsamen gehören sollte, vor allem weil die einen griesgramgrünen Nummernaufkleber auf den Helm bekommen haben. Aber da es keine Nummer 999 gab, und fast alle Twitterer ebenfalls blau waren (Ich glaube nur @SystemStig war rot, also schnell), wollte ich nicht tauschen.

Vor dem Start gab es eine kurze Einweisung: Beim ersten Turn wird hinter einem Instruktor gefahren und nicht überholt, die kleine Flaggenkunde (gelb, rot und kariert) und die Anweisung, dass niemand anhalten soll, wenn etwas passiert, dafür seien Streckenposten vor Ort. Dazu gab es noch die Hinweise: nicht am Fahrwerk fummeln, Schlüssel nach der Fahrt stecken lassen und alle Moppeds sind mit Rennstreckentauglichen Reifen ausgerüstet haben aber keine Reifenwärmer. Wenn wir uns also auf ein Mopped setzen, vorher kurz mit der Hand fühlen, ob der Reifen schon warm ist, ansonsten anfangs vorsichtiger sein. Ich bin immer mit dem K3 gefahren, dass ich mit meiner Landstraßenfahrweise diesen Reifen nicht wirklich testen kann war mir vorher klar. Ich fühlte mich immer wohl und war mir jederzeit sicher, dass der Reifen sich eher langweilt als dass er in der Nähe des Grenzbereiches wäre.

Twittern_auf_der_Rennstrecke

Twittern auf der Rennstrecke

Zurück in der Zeit und vor meiner ersten Ausfahrt. Ich wähle die GSXR 750, ein Vierzylinder ist immer leichter fahrbar als ein Zweizylinder und ich denke, die 750er wird auch nicht so biestig sein wie die 200PS Beemer. Das bestätge ich mir später selbst. @Pistonpin wählt für die erste Ausfahrt die HP2 Sport (Mit der hatte ich geliebäugelt, aber ich wollte am Anfang ein leicht zu fahrendes Mopped haben das wäre meine Wahl gewsen, wenn ich noch einen Turn hätte fahren können) und die anderen nehmen alle das bayrische Superbike. Schnell zum Klo bevor es losgeht, war der Plan. Als ich zurückkam fuhr gerade der Letzte aus der Box. Damn! Also schnell Helm auf, Handschuhe an und die Gixxer starten.

An der Boxenausfahrt wurde ich dann raus gewunken, um mich an den gerade vorbeifahrenden Vierer-Zug anzuschließen. Die Jungs (sah zumindest so aus, als sei hier keines der wenigen Mädels dabei) waren jetzt schon eine Runde eingerollt und zogen gleich ordentlich am Kabel, gingen fast ungebremst in die erste Links, alle im ordentlichen Hanging-Off in einer Geschwindigkeit mit der ich nie auf einer Landstraße eine unbekannte Kurve angehen würde, man denke nur an: Trecker, Dosen die einem auf der eigenen Spur entgegenkommen, Kuhfladen, Linksabbieger etc. Aber mit all dem war hier natürlich nicht zu rechnen und die Moppeds vor mir (zwei S1000 und eine RC8) hatten noch ordentlich Luft unter den Rasten, also komme ich da auch durch. Und sofort in die nächste Doppelrechts, kurz ans Gas und dann hart bremsen vor der engen Rechts bevor es auf die lange Gerade geht. Die Jungs vor mir hatten ordentlich Vorsprung also gab ich der Suzi die Sporen und holte auf der Geraden auf, was ich bisher verloren hatte. Die Gixxer marschiert ordentlich los, aber ich bin noch einen Gang zu hoch also kurz stepptanzen und Feuer. Das Vorderrad wird leicht und der Motor brüllt seinen wilden Sound bei fünfstellinger Drehzahl in meinen Helm. Ankern und rechts ins Geschlängel. Meine Linie ist eine ganz andere als die der Vorrausfahrenden aber ich komme durch die Kurven, die Knie am Tank und schön aufrecht sitzend, so wie auf der Straße, damit ich möglichst viel Überblick habe. Die Gruppe vor mir ist in den Kurven deutlich schneller, ich nutze die Geraden um aufzuholen, der Instruktor vorne bummelt auf den Geraden und legt Wert auf die Linie, sonst wäre ich wohl abgehängt worden, denn unser Trüppchen war wirklich verdammt zügig unterwegs. Ich fühlte mich jedoch nie überfordert sondern nur gefordert und mit jeder Kurve wird es besser, nach drei Runden bleibe ich auch bei den Kurven an meinem Vordermann dran. Yeah, was ein Spaß so ohne Angst vor unliebsamen Überraschungen oder Ablenkung von interessanter Landschaft einfach nur fahren. Wir waren wirklich schnell, zumindest im Vergleich zu den anderen Gruppen auf der Strecke, wir haben alle mindestens einmal überholt. Die Gruppen überholen sich auf der Geraden, wenn wir also in den Kurven auf eine andere Gruppe auflaufen denke ich mir „Platz da, wir wollen Spaß!“ Und dann macht unser Instruktor so ein komisches Handzeichen, das in der Einweisung nicht vorkam, ich gehe erst mal vom Gas um zu sehen, was passiert. Der Zweite geht rechts aus der Linie, der Dritte überholt, ich auch und Nummer Zwei schließt sich wieder hinten an. Ich bin ganz verwirrt, jemand fährt hinter mir und ich sehe ihn nicht, die Rückspiegel sind abgeklappt oder abgebaut, wir fahren schließlich Rennstrecke. Hören tu ich die S1000 hinter mir auch nicht, höre nur das wunderbar aggressive Fauchen der Siebenhalber, sehe erst, dass der Hintermann da ist, als ich mich in der nächsten Runde auf der Geraden umdrehe. Weiter geht‘s andere Gruppen überholen, jetzt auch schon mal in den Kurven. Runter auf die Rasten Du Biest, ich fahr doch schon gewaltige Schräglage! Aber keine Chance, dafür sind wir wohl doch noch zu langsam und aufrecht. Ob ich auch mal das mit dem Knie probieren soll? Im Gegensatz zu den anderen fahre ich jedoch in meiner Textilhose, mit der ich auch hergekommen bin, keine einteilige Rennkombi mit Schleifstein am Knie und jetzt mitten im Turn einen neuen Fahrstil probieren und dem Hintermann eventuell die Linie versauen? Ich lass es lieber. Wieder das Handzeichen von vorne, jetzt bin ich direkt hinter dem Instruktor. Hey, da guckt mich eine Videokamera an! Jetzt liegt es an mir die Reisegeschwindigeit der Gruppe zu bestimmen also versuch ich in den Auspuff des Vordermanns zu kriechen. Vollgas, noch später bremsen volle Schräglage. Der Instruktor nimmt die linke Hand vom Lenker um in der Kurve gelangweilt das Gras zu streicheln, ich kämpfe mit der Linie. Er fängt an seltsam auf der Maschine herumzuturnen und in meine Richtung zu gestikulieren, fährt demonstrativ Hanging off und ich guck mir den Bewegungsablauf genau an, mach es aber nicht nach. Das scheint ihn zu ärgern, aber ich bleibe dran. Gib Gas Mann, ich will rasen, noch schneller werden, denke ich noch als ein Typ mit karrierter Flagge auf der Strecke steht. Noch eine Runde, noch eine Gruppe überholen und dann rein. Ende, glücklich.

Bmw_s1000rr

Kurz überlege ich mir, dass Crossen sausen zu lassen und gleich noch mal auf die Piste zu gehen, entscheide mich bekanntermaßen jedoch anders. Mein Instruktor geht gleich wieder auf die Piste. Später sehe ich, es ist Jürgen Fuchs (1996 vierter in der Motorrad WM und noch viel mehr Siege vorher und nachher) hinter dem ich hergefahren bin, und er konnte mich nicht abhängen. Wie geil ist das denn?

Nachmittags bin ich nach dem Crossen und der Landstraße noch ein zweites Mal auf die Piste, dieses Mal alleine, mit Überholen (und überholt werden) und auf einer S1000RR. Mir persönlich hat die Gixxer besser geschmeckt, ohne dass ich das irgendwo konkret dran festmachen könnte. Aber der Druck den der BMW-Vierzylinder entwickelt hat, wie leicht das Vorderrad stieg, als ich kurz vor Rot den Dritten reingerissen habe (Schaltautomat!), sprachlos.

P.S.
Ich sehe gerade Bike auf Sport 1 und da wird gerade auf dem LuK Drivingcenter in Baden-Baden getestet. Ist schon cool, wenn man die Streckenabschnitte und Einlenkpunkte wiedererkennt.

P.P.S.
Wo ich den Beitrag gerade schreibe fällt mir ein, dass ich noch gar nicht gefragt habe, ob ich das Video irgendwo herkriegen kann.

P.P.P.S.
Natürlich will ich noch mal!