Filtering, Streckensperrung und Terrorismus

Filtering ist vornehm für durchschlängeln

Im englischen Sprachraum gibt es für das Durchschlägeln durch den Stau, die mittlere von zwei Spuren und das vorne an der Ampel anstellen zwei Ausdrücke: Lanesplitting und Filtering.
Ich finde Filtering schöner und werde es von jetzt an auch bei uns benutzen.

Total verboten

In Deutschland glauben wir ja gerne, dass alles verboten ist, wo kein Schild “Das darfst Du” dran steht. Ganz so ist es nicht, aber unsere StVO erlaubt das Filtern nicht. In anderen Ländern sieht es anders aus, da ist es manchmal unter bestimmten Voraussetzungen (maximale Geschwindigkeit, Warnblinker an o.ä.) erlaubt oder einfach auch nur gängige Praxis.

Kalifornien

In Kalifornien ist Filtering seit einiger Zeit erlaubt und es gibt erste Erfahrungen, die Motorcycle.com [englisch] zusammenfasst. Dort wird eine SafeTREC Studie [englisch] zitiert, aber nicht verlinkt. Ich habe mich nicht durch alle veröffentlichten Studien gelesen, wie es ein guter Journalist getan hätte. Demnach zitiere und übersetze ich hier nur die Sekundärquelle, die sagt:

Durch Filtering bei unter 50 mph (80 km/h) und mit einer maximalen Differenzgeschwindigkeit von 15 mph (25 km/h) ist die Anzahl der getöteten und verletzten Moppedfahrer um 1,8% zurückgegangen. Die Anzahl der Auffahrunfällen ist um 2% reduziert worden.

Dabei ist zu beachten, dass nicht alle Moppeds filterten, sondern nur 36,4%, also etwas mehr als ein Drittel.

Streckensperrungen

Nun könnte man daraus die Lehre ziehen, dass Filtering Leben rettet und Unfälle verhindert. Demnach wäre es gut, wenn die StVO entsprechend angepasst würde, wenn es Moppeds z.B. auf Autobahnen erlaubt würde die Rettungsgasse zu befahren, solange sie dabei nicht schneller als 80 km/h und 25 km/h schneller als der zu überholende Verkehr fahren. Aber das ist nicht der deutsche Weg.

Stattdessen versucht man bei uns das Leben von Moppedfahrern mit Streckensperrungen [Karte] (Unfallzahlen von Moppeds sind mit die häufigste Begründung dafür) zu retten. Wenn das nicht so doof wäre, könnten man ja darüber lachen.

Terrorismus

Ich behaupte jetzt mal: Mit einer Legalisierung von Filterung würden mehr Menschenleben gerettet als mit allen gesetzlichen Freiheitseinschränkungen zur Terrorbekämpfung der letzten fünf Jahre.

Ernsthaft jetzt

Ich bin Realist genug um zu wissen, dass sich hier bei uns nichts tun wird. Selbst wenn die EU das vorschreiben würde, würde es bei uns einfach nicht umgesetzt. Hierzulande empfindet man das Gewähren eines Vorteils für eine bestimmte Gruppe als Benachteiligung der anderen, selbst wenn da niemand benachteiligt wird und damit als ungerecht. Und je großgrundlich-Bildzeitungs-etablierter die Klientel derjenigen ist, die von einem Vorteil nicht profitieren, umso lauter wird über die Ungerechtigkeit geklagt. Ihr wisst schon: “50 Jahre habe ich auf meine Luxuslimousine gespart, also muss der Bubi mit seinem Roller auch im Stau warten.” Auf die Idee “Ich hätte mir vor Jahrzehnten auch einen Roller kaufen können und müsste nicht im Stau stehen.” kommt ja keiner.

Filtern auf eigene Gefahr

Je größer der Ballungsraum, umso höher der Anteil der Moppeds, die sich nicht in den Stau einreihen. Ich habe noch nie gesehen, dass ein Polizeifahrzeug im Stau die Sirene anwirft und ein Mopped jagt, dass gerade in der Rettungsgasse vorbeigefahren ist. Das ist natürlich keine Garantie, dass das nicht doch passiert oder dass die Wachtmeister ein kurzes Video drehen und dann einen Brief nach Hause schicken und zur Kasse bitten. 

 

8 Gedanken zu „Filtering, Streckensperrung und Terrorismus

  1. schön geschrieben.
    gebe zu, wenn es meiner Meinung nach angemessen ist, nutze ich die breite meines Fahrzeuges auch aus und fahre vor. z.B. Stau/Stillstand auf der Autobahn oder in einem Tunnel.

    Wurde sogar schon mal in einem Tunnel von einem vorbeifahrenden Polizeimotorrad (mit Blaulicht) aufgefordert ihm zu folgen. Raus aus den Abgasen…

    Gefällt 1 Person

  2. Ein guter Beitrag .. das Wörtchen Filtering gefällt mir … denn ich fahre u.a. auch Motorrad um voran zu kommen. Dieses Jahr fuhr ich auch viel Autobahn und v e r s u c h t e Staus zu filtern. Dabei kam mir die bittere Erkenntnis … dass ich auf deutschen Straßen niemals in die Situation kommen will, wo schnellstens ärztliche Hilfe erforderlich ist. Denn ein Rettungswagen würde mich niemals rechtszeitig erreichen .. so wie die Blechkisten im Stau parkend stehen komme selbst ICH mit meiner schlanken KAWA nicht zügig vorbei. Von Rettungsgasse bilden scheinen bis dato die wenigsten gehört zu haben.

    Würde ich nicht auch in der Schweiz filtern würde ich wohl heute noch in Zürich im Stau stehen 😉

    Gefällt 1 Person

    • Ich finde, dass es mit der Rettungsgasse in den letzten Wochen vergleichsweise gut klappt, zumindest in manchen Regionen und wenn ich davon absehe, dass es immer wieder Einzelne gibt, die die Gasse schnell schließen, wenn Sie ein Mopped im Spiegel entdecken.

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