Die Superbike Weltmeisterschaft (#WSBK) ist in einer Krise. Mir ist das nicht aufgefallen. Ich denke, wenn eine Rennserie gleichzeitig auf zwei Free-TV-Kanälen (Eurosport und Servus) übertragen wird, kann es gar nicht so schlecht sein.
Auf GPone.com werden die fast leeren Media-Center als Problem identifiziert. Und das leuchtet mir ein. Je mehr fachfremde Medien berichten, umso weiter ist die Krise weg. Leere Mediacenter sind also eine verdammt schwere Krise.
Die Lösung ist demnach: die Mediacenter und Medien voller Journalisten zu kriegen. Der Weg dorthin muss nur noch gefunden werden.
Mehr Spektakel
Die Lösung, die in zahllosen Artikeln von Profis lautet: “Mehr Spektakel”, womit meistens mehr Feindschaften unter den Fahrern auf persönlicher Ebene gemeint wurde.
Ich nehme a,n die Autoren dachten dabei an die großen Medienfeindschaften wie: Beatles gegen Stones. Fans der einen Band hassen die anderen. (ich schätze, die meisten Autoren kommen aus der Zeit). Oder moderner und aus dem Motorradsport: Marquez gegen Rossi. Als das richtig hochgekocht war, rechneten die Veranstalter der MotoGP Rennen mit Schlägereien zwischen den Fans der jeweiligen Fahrer.
Die Vermutung, die Massen und die Medien seien nicht an den Rennen interessiert sondern am Spektakel iteressiert, liegt sehr nahe. Wenn ich in die Berichte gucke, sehe ich Promis in der Startaufstellung, Grid Girls und eine Sammlung an möglichst spektakulären Stürzen aus vielen verschiedenen Kameraperspektiven. Alles davon interessiert mich nicht.
Da fällt mir ein, dass die Bild, als eines der wenigen Nicht-Motorrad-Medien, jedes Jahr über die Isle of Man TT berichtet, mit Schlagzeilen wie:
Wieder Tote – verbietet diesen Wahnsinn!
Was mir gefällt
Mir gefallen Szenen besser, in denen sich alle Fahrer nach dem Rennen miteinander über ein tolles Rennen freuen.
Oder um wieder zur #WSBK zurückzukommen: Wenn Johnny Rea seine Auslaufrunde unterbricht um sich zu erkundigen, wie es Chaz Davies geht.
In der in der letzten Runde des ersten Laufs in Misano 2017 kämpften Johnny und Chaz um den Sieg, zwischen beiden lagen nur wenige kurze Meter, 0,1 Sekunden. Chaz liegt vorne und stürzt, JR kann nicht ausweichen und kommt ebenfalls zu Fall. Der Sieg ist Futsch. JR kann wieder aufsteigen und ins Ziel fahren. Chaz nicht, er wird an der Strecke von den Sanis behandelt. Als JR an die Stelle des Sturzes kommt sieht er, dass Chaz’ Mopped noch da ist und direkt daneben steht der Krankenwagen. Er fährt direkt dorthin um sich bei Chaz zu erkundigen, wie es ihm geht. Beide Fahrer sind keine Freunde abseits der Strecke, sondern eher das Gegenteil, sagt man.
Ich verstehe natürlich, dass sowas nicht gegen ein Promi-Minirock-Sturz-Potpourri ankommen kann, die mir nicht gefallen.
Formel 1
Ich werfe mal einen Seitenblick zu den Autos. Die Formel 1 fand mal unter Ausschluss der Medien in Deutschland statt. Dann hat RTL die Rennen ins TV geholt, und nichts hat sich geändert.
Erst als Michael Schumacher am laufenden Meter Rennen und Weltmeisterschaften gewann, wurde auch auf anderen Sendern und in Zeitungen und Zeitschriften über Schumacher berichtet. Die Formel 1 wurde nur im Nebensatz thematisiert, kroch über die Zeit aber so weit ins Medienbewusstsein, dass die Rennergebnisse heute sogar in den Radionachrichten kommen.
Auf einmal hatten auch andere deutsche Fahrer die Möglichkeit in der Formel 1 mitzufahren. In den Jahrzehnten vor Schumacher saßen deutsche Fahrer nur sehr sehr selten in einem erfolgversprechenden Cockpit. Der Grund für die Änderung war, dass deutsche Fahrer jetzt Sponsorengelder mitbringen konnten. Und das konnten sie, weil auch jenseits der Auto- Motorsportpresse über die F1 berichtet wurde, sie war ein medienübergreifendes Thema.
Fazit
Mehr Spektakel das für Überschriften der Bild sorgt, will ich nicht. Was mir gefällt, wollen die anderen nicht. Und selbst wenn ein deutscher Serienweltmeister in der #WSBK in Deutschland wahrgenommen würde (was ich sehr bezweifel), wäre das nur ein lokales Phänomen, das die weltweite Krise nicht lösen würde.
Die Suche nach einer Lösung muss also weiter gehen. Vielleicht fällt mir zu diesem Thema noch ein zweiter Teil ein. Eure Ideen könnt Ihr gerne als Kommentar hinterlassen.
Frag vier Experten und du erhältst fünf unterschiedliche Meinungen…
http://www.corsedimoto.com/il-caso/genesio-bevilacqua-sogno-una-superbike-senza-case-e-senza-ingegneri/
Es ist nicht nur die WSBK, die in einer Krise steckt. Es ist der Motorsport / Rennsport generell! Weltweit, in allen Klassen & Kategorien. Selbst eine MotoGP steckt in vielen Ländern – verglichen mit früheren Jahren – in der Krise. In Deutschland kamen fast 60.000 Zuschauer weniger zum SaRi als noch in den Vorjahren, die Einschaltquoten selbst im „Free“ Eurosport sind unterirdisch (weit hinter Darts, Radrennen, Snooker & Co.!). Man mag sich gar nicht vorstellen, was passiert, wenn der übermächtige Rossi mal aufhört…
Und das spiegelt das „Interesse“ am Sport wieder – ergo gibt es für „Mainstream-Medien“ (die selber mit sinkender Relevanz / Auflagen zu kämpfen haben) auch keinen Grund, über diese Randsportarten zu berichten (oder hast du in den Mainstream-Medien mal was zur Badminton-Bundesliga, zur Straßenrad-Bundesliga und zu vielen, vielen anderen Randsportarten gefunden, die aber von deutlich mehr Menschen ausgeübt werden?!?).
Selbst Tennis ist mittlerweile – trotz guter deutscher Spieler in der Weltspitze – medientechnisch tot.
eSports kommt gerade massiv, auch hier bei uns. Da werden „Daddler“ mit Preisgeldern und Sponsorkohle überhäuft, davon träumt man z.B. als Gesamtjahresbudget in der IDM von. Und natürlich der völlig pervertierte und aus dem Ruder gelaufene Fußball…
Die Top-Serien werden sich – Herstellerengagement vorausgesetzt – noch ein paar Jahre halten, ähnlich wie eine DTM das geschafft hat. Aber auch die ist quasi am Ende, nachdem jetzt Mercedes da aussteigt und dann nur noch Audi & BMW da sind. Die Diskussionen um Schadstoffausstoss / Gesundheit usw. (und nicht nur bei uns!) werden dem Sport sicherlich auch nicht helfen.
Letztes Jahr war das Media-Center bei der WSBK sowohl in Assen wie auch am Lausitzring zum bersten voll. Da wurden noch Tische & Stühle „beigestellt“. Eher ist das Problem, dass auch die Dorna mittlerweile jeden Hinz & Kunz da rein lässt und dann – bei den wenigen öffentlich sichtbaren Berichten – auch noch die Qualität entsprechend leidet.
Ein Lokalreporter einer drittrangigen Stadtpostille, der keine Ahnung von dem Sport hat und – weil ja eh keine Kohle da ist – dann auch noch mit der „Redaktions-Kompaktkamera“ die zugehörigen Bilder knippst, schadet dem Sport mehr als das er nutzt. Gleiches gilt für die „Fanboys“ und „Freunde“, die man an die Strecke lässt bzw. die akkreditiert werden.
Aber mit der Meinung bin ich seit Jahren alleine bei nahezu allen Promotern, mit / für die ich gearbeitet habe oder die ich kennengelernt habe.
Die meisten glauben immer noch an „Masse statt Klasse“ – aber das ist ein großer Denkfehler.
Wie es richtig geht, zeigt RedBull mit ihren „konzerneigenen“ Sportserien & -events. Da kommen die besten Journalisten (eher PR- und Werbetexter) und Fotografen zum Einsatz, um eben auch für den Sport eine perfekte „Produktwelt“ und Außendarstellung zu generieren – und die müssen sich um Reichweite und Interesse (selbst an Seifenkistenrennen oder „Spring von einem Turm in den See herunter“-Events) keine Sorgen machen.
Aber das haben viele noch nicht begriffen. Gerade in der heutigen, völlig übersättigten Medienwelt musst du dich mit bestmöglicher Qualität „herausheben“ – sonst gehst du eben unter…
Ich bin zwar – wie Du – auch ein Anhänger von „sensationsarmen“ Rennen, aber ohne „Helden“ bzw. einem gewissen Mythos wird es eben schwer, für Fans auch Identifikationsfiguren zu schaffen. Und auch das „Risiko“ muss – zumindest im Kopf der Fans – immer noch da sein. Da mangelt es der Formel 1 ja z.B. dran und das macht eben auch den Mythos einer TT bzw. die aktuell extrem hohe Beliebtheit generell der Road-Races aus. Man spricht den Fahrern (obwohl tatsächlich „langsamer“ als z.B. Rossi, Marquez & Co.) mehr „Eier“ zu, stilisiert Dunlop & Co eben zu den letzten Helden. Finde ich das gut? Nein. Aber es zeigt einen „Faszinations-Mechanismus“, der in uns Menschen eben seit der Antike (wahrscheinlich noch viel früher) „verankert“ ist. Gladiatoren waren auch im alten Rom schon Helden – auch wenn das Gemetzel (zum Teil zumindest) eher unmenschlich war (da streiten sich die Gelehrten etwas…).
Wenn Du aber Rennen nur noch „entschleunigt“ über TV / Stream o.ä. konsumierst, Du den Speed & Lärm nicht real an der Strecke bewundern darfst, dann geht das Gefühl für das Risiko komplett verloren. Ergo erreichst Du mit „Crash-Szenen“ Videos wieder mehr Reichweite – weil „hinfallen und aua“ kann jeder auch bei 10 km/h halbwegs nachempfinden.
Wenn dann in den „seriennahen“ Rennserien noch die Hersteller das Ruder in die Hand nehmen – wie bei der WSBK oder auch IDM – und dort eher ihre Produkte statt den Sport promoten wollen, dann ist der Drops komplett gelutscht. Wen bitte interessiert in D eine 300er Klasse?!? Wen die SSP300 der WorldSBK in Europa? Hier gibt es – aktuell – eh nur von Yamaha und KTM die zugehörigen Bikes real zu kaufen. Gleiches gilt für die aussterbende 600er Klasse, in der es – nach Euro 4 – nur noch die R6 neu zu kaufen gibt.
Und ich könnte noch 50.000 Wörter schreiben……..
LikeGefällt 1 Person
Danke für den langen Kommentar, der auch gut ein eigener Blogbeitrag bei Dir hätte sein können.
Qualität der Berichterstattung und Red Bull sind zwei gute Stichpunkte, darauf werde ich mal herumkauen.
LikeLike
Ich habe – wie immer bei mir – lange überlegt, ob / was ich bei mir dazu schreiben soll. Auch zur „neuen“ IDM (bzw. eben nicht der IDM bzgl. der nach wie vor tollen Fahrer sondern der „Arbeit“ und Leistung von IVM / action-Team & Co.), zum Motorsport allgemein (wie hier) oder auch jetzt gerade zur neuen „Nachwuchs-Allianz im Motorrad-Rennsport“ von Dorna & ADAC (beim Inhalt des zugehörigen Speedweek-Artikels musste ich sehr an mich halten NICHT direkt drauf zu hauen)… Aber das wäre eher ein Buch denn ein „Artikel“ und ich kenne die derzeitige „Kritikfähigkeit“ in dem Bereich. ;) Vielleicht was für nach der Saison und für die trübere Winterzeit.
LikeGefällt 1 Person
Ist die Winterzeit nicht von alleine trübe genug?
LikeLike
Eben, drum. Da passt es dann gut und versaut nicht den eh suboptimalen „Sommer“ mit ausreichend Hiobs-Botschaften im/aus dem Rennsport… ;) :D
LikeGefällt 1 Person