Ein bisschen flach – Erzberg 2015 Berichterstattung

Mit dem Mopped durch den Steinbruch fahren, das hat wohl fast jeder schon mal gemacht, der im Laufe seiner Zweirad-Karriere eine Enduro oder ähnliches in der Garage hatte.

So was in der Art ist das Erzberg Rodeo, das dieses Jahr zum 21. Mal stattfand. Allerdings treffen sich dort nicht nur einfach ein paar Mopped-Jungs, sondern die Weltelite der Hard-Enduro Fahrer, eine paar Breitensportler und alles dazwischen. Das sind so viele, dass über einen Prolog die 500 Startplätze für das Hauptrennen, den Hare Scramble, ausgefahren werden. Diese 500 müssen dann im Tagebaugebiet Erzberg ein bisschen hoch und runter fahren und durchs Ziel. Zwischendurch sind einige Checkpunkte, die die Fahrer ansteuern müssen, wer einen davon auslässt, wird nur bis zum letzten regulären Punkt gewertet, Strafzeiten gibt es nicht. Die Strecke von ca. 30 km Länge ist dabei so gewählt, dass nur ein Bruchteil der Starter es in den gegebenen vier Stunden Renndauer bis ins Ziel schaffen kann. Letztes Jahr war der Schnellste schon nach 1:37h im Ziel, die Strecke war also zu leicht. Dieses Jahr wurde der Streckenverlauf geändert und verlängert. Der neu hinzugekommene Abschnitt namens Downton war so hart, dass die ersten fünf, die bis zum Ziel kamen, es nur schafften, weil sie sich und Ihre Moppeds gegenseitig nach oben zogen.

Für ein Wettrennen ist es schon mehr als nur ein bisschen außergewöhnlich, wenn die Topstars, die um den Sieg kämpfen, sich gegenseitig durch die Sektion helfen. In etwa so, als wenn Vettel und Hamilton erst Rossbergs Auto schieben und dann alle drei zusammen die anderen. Zugegeben, beim Erzberg gibt es nur einen Stein zu gewinnen und kein Preisgeld, aber trotzdem.

Das keiner der Top-Stars alleine durch diesen Abschnitt kam sagt einiges über die Schwierigkeit aus. Fünf Fahrer bildeten die Seilschaft an der Spitze und obwohl der Kurs so gebaut ist, dass nur ein Mopped gleichzeitig durch das Ziel passt und sie nacheinander ankamen, wurden vier von Ihnen zum Sieger erklärt und einer zurückgesetzt, weil er vorher einen Checkpunkt ausgelassen hatte.

Ich weiß nicht, ob die Fahrer schon vor der Zieldurchfahrt wussten, dass sie alle gleichermaßen zum Sieger erklärt werden oder ob sie einfach untereinander abgesprochen hatten in welcher Reihenfolge sie gemeinsam in Ziel fahren (und somit einem Konkurrenten einen möglichen Sieg schenken) und habe dazu leider auch keine Informationen gefunden. Das wäre einer der Fragen gewesen, die ich gerne in einem Interview gestellt hätte, leider hat das niemand gefragt oder die Antwort dazu nicht auffindbar ins Netz gestellt. Schade.

Aber da gibt es noch etwas, dass ich viel dringender wissen möchte. Fünf der weltbesten Enduro Fahrer schaffen es nur gemeinsam und mit gegenseitiger Hilfe ins Ziel und 23 Sekunden hinter ihnen kommt noch ein sechster Fahrer an, Mario Roman.

Hat er es ganz alleine durch den Wald geschafft, in dem die anderen scheiterten? Ja, hat er, schreibt Redbull.com in einem Nebensatz, und damit ist er mein heimlicher Sieger!

Warum zum Teufel schreibt da keiner was zu? Warum sind die ganzen Sportreporter vor Ort, wenn sie nur die Ergebnislisten abschreiben, wo sind die ganzen anderen Stories für die man vor Ort sein muss?

Alle freuen sich, zu recht, darüber dass vier Spitzensportler gemeinsam gewinnen, aber keiner schreibt darüber, dass einer es alleine geschafft hat.

Die Platzierungen:

1.Andreas Lettenbichler
1.Alfredo Gomez
1.Jonny Walker
1.Graham Jarvis

5. Mario Roman

Wade Young, der vor dem Ziel wegen einem verpassten Wegpunkt herausgenommen wurde, ist am Ende als 13. gewertet worden.

Von den 500 Startern haben es 79 nicht mal bis zum ersten Checkpunkt geschafft.

Gesamtergebnis Erzber Rodeo Hare Scramble (PDF)

6 Gedanken zu „Ein bisschen flach – Erzberg 2015 Berichterstattung

  1. Die Geschichte Erzberg wird immer mehr zum Mummenschanz-Spektakel.
    Den Kurs stecken offenbar ein paar Schreibtischtypen, denn: wenn die Weltelite nicht mehr in einem Stück -bei guten Wetterbedingungen- die Strecke durchfahren kann und der erste, der einen Abschnitt nicht in einem Stück schafft, alle nachfolgenden Teilnehmer aufhält, dann wird das Rennen zum erzwungenen Teamwork. Mich kotzen solche „Events“ an.

    Nebenbei: am Renntag kam ein hilfsbereiter Zuseher zu Tode, als er einem Teilnehmer im Verbund mit anderen auf der Strecke weiterhalf. Ein großer Quader hat sich aus seiner Lage gelöst und ihn von hinten niedergestreckt – auch so etwas liest man nicht. Negativmeldungen wie diese werden von den meisten Medien unter den Tisch gekehrt (ich habe sie im Standard gefunden), das ist offenbar eine unangenehme Nebensache und keinen Kommentar wert … hoffentlich hat die Sache wenigstens ein gerichtliches Nachspiel…

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    • Das Ziel des Erzberg war meines Wissens von Anfang an, den Kurs so schwer zu gestalten, dass es idealerweise überhaupt nur ein Fahrer schafft.
      Und das auf so einem Kurs auch mal die weltbesten Konkurrenten dazu „gezwungen“ sind sich gegenseitig zu helfen, wie es in anderen Klassen ganz normal ist, find‘ ich jetzt mal so gar nicht zum Kotzen. Ich bin froh um diese Mummenschantz-Spektal und fühle mich dabei ausgezeichnet unterhalten.

      Schön wäre nur, wenn nächstes mal jemand dem Griesgram ein Mikro in die Hand drückt und dort hinschickt. Die erwähnten unbeantworteten Fragen gingen mir nämlich genauso auch durch den Kopf.

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  2. Das Ziel des singulären Winners ist mir nicht bekannt – wer hat es wo wann gesteckt ?
    „Andere Klassen“ (welche denn bitte ?) und gegensetige Hilfe auf der Strecke ? Sprichst du von Trial-Veranstaltungen, wo nicht gegen die Zeit gefahren wird ?
    Bei vergleichbaren Rennen (ich würde den Erzberg mal unter MC einreihen) habe ich noch niemanden gefunden, der mir mit mehr als einem Gabelschlüssel aushalf – im Fahrerlager, nicht im Rennen… Bei Profis mag es anders zugehen, ich fahre bloß DilettantenRennen ;-)
    Andere Länder, andere Sitten ;-? Eventuell ist der Erzberg eine Verquickung von Camel Trophy für Moppets und Triathlon – diese Entwicklung hätte ich allerdings verpaßt.

    Ich gönne Dir deine ‚ausgezeichnete Unterhaltung‘, gutiere sie aber nicht. Wie hast du sie denn angelegt ? Als Teilnehmer, Zuschauer oder TV/InternetzZaungast ;-?

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    • Ich fahre Rally, auch auf Dilettanten Niveau und dort ist gegeseitige Hilfe auf der Strecke durchaus üblich, wenn es nicht gerade um den Sieg geht.
      Ich würde den Erzberg ganz und gar nicht unter Moto Cross (das meinst Du doch mit MC, oder?) einsortieren sondern als Hard-Enduro Veranstaltung sehen und dort geht es immer darum, die Strecke so schwer zu wählen, dass nicht jeder ins Ziel kommt.

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      • Du hast natürlich recht mit der Klassifizierung des Erzberg, er ist ja auch als HardEnduro ausgeschrieben.
        Womit ich nicht einverstanden bin, ist die Vermischung von Äpfeln mit Birnen von Ernie und dir selbst auch: daß bei Club-Meisterschaften gegenseitig geholfen wird, finde ich toll – ich mag nämlich die krankhaft ehrgeizige Spezies nicht besonders.
        Daß aber bei einem Spektakel von internationalem Rang die Teilnehmer einander helfen MÜSSEN, finde ich unangebracht – Du selbst findest es offenbar auch ein wenig seltsam, daß es 4 ‚Sieger‘ gibt, die nur deshalb ins Ziel kamen, weil sie sich nicht aus dem Weg gehen KONNTEN und kürst prompt einen, der es alleine schaffte, zum Favoriten.
        Damit bin ich mehr als einverstanden ;-) …

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        • Ich finde es vor allem gut, dass die Veranstalter nicht darauf bestanden haben, dass es nur einen Sieger geben kann, wäre ja ein Leichtes gewesen einfache denjenigen, der als erster im Ziel war zum Sieger zu erklären und gut. Die Fahrer hätten sich nach der Sektion Downtown auch wieder ein Rennen liefern können, einfach nebeneinander stellen und ein Zuschauer gibt das Startsignal und ab, haben Sie aber auch nicht.

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