Gerade tauchte wieder so ein Deus-Video in meiner Timeline auf. Der übliche Schmonsens: ein paar bärtige Jungs, ein paar Moppeds auf denen sie durch die Gegend fahren, Zeitlupen, Close-Ups, Lagerfeuer, im Sand driften und eine tiefe männliche Stimme aus dem Off, die in langsamen Tempo über ein Rock-Pop Musikstück gelegt wird und erzählt wie spontan die Fahrt war und von Freiheit, Lebesgefühl und so. Alles soll total authentisch wirken. Handwerklich wurde es gut gefilmt und geschnitten. Oder in anderen Worten:
Laaaaaaangweilig.
Ich will solche nach Schema F gedrehten Marketing-Filmchen nicht mehr sehen. Das ist kein Film, wo sich ein paar Freunde treffen und sagen: »Komm wir drehen einen Film darüber, wie wir Mopped fahren« oder von jemanden der seine Urlaubstour mitfilmt und dann zu Hause zusammenschneidet, das ist blöder Reklame-Quatsch.
Und weil ich das doof finde gibt es hier auch keinen Link zu dem Film.
Anderen mag das gefallen und vielleicht sogar dazu inspirieren, sich so ein umgebautes Mopped zu kaufen und damit in die Medien zu gehen und über das Mopped und sich selbst berichten zu lassen. Es ist der aktuelle Markt der Zahnwälte, die heute Designer oder was sind.
Ende der 1980er waren die Zeitschriften voll von Leuten, die erzählten sie hätten damals Easy Rider gesehen (der Film kam 1969 raus) und das habe Ihr Leben geändert. Nur zwanzig Jahre später, nach Karriere und Familie, haben sie sich eine Harley gekauft und eine Lederjacke und waren plötzlich wild und frei.
Spätere Generationen habe The Long Way Round gesehen und sich eine GS mit allem und Sahne gekauft und waren plötzlich Weltreisende. Jetzt sehen sie im Web einen Cafe Racer oder einen Brat-Tracker-Scrambler Umbau und plötzlich sind sie urbane Nicht-Hipster.
Meinetwegen sollen sie das denken, glauben und kaufen.
Sollen sie weiterhin einmal im Jahr mit tausenden Gleichartigen eine Runde um den Faaker See drehen und dann wieder in ihrer Vorstadt verschwinden. Oder, je nach Mode, nach Garmisch, Neukirchen, zum Glemseck, nach Biarritz oder sonst wo hin fahren.
Bleibt da und fahrt nicht weiter.
Es gibt auf den Straßen schon genug Papis, die ihren Muttis die 800er Ausgabe der eigenen GS kauften und am sonnigen Samstagnachmittag im Partner-Look eine Hausrunde über einen beliebigen Moppedtreffpunkt zum Eiscafe drehen und auf dem Weg dorthin so feste alle entgegenkommenden Moppeds grüßen, dass sie fast von der Straße fallen.
Der Sportster fahrende Big Twin Anhang bleibt ja mittlerweile wieder zu Hause.
Die Neuen stellen jetzt wohl einen umgebauten älteren japanische Mittelklasse-Twin in der heimischen Garage auf den Frauenparkplatz neben ihrem Zweiventil-Boxer.
Kauft Euch Euer Freiheitsgefühl woanders. Ein Motorrad-Aufkleber auf der Kofferraumklappe reicht doch auch. Geht surfen oder wandert mit Eurer Jack Wolfskin-Vollausstattung durch den Stadtwald. Setzt Euch mit Eurem Mac Book Pro in den nächsten Starbucks und spielt Candy Crush oder postet bei Facebook und fühlt Euch als digitale Boheme. Wenn es denn unbedingt ein Fahrzeug sein muss, kauft Euch ein Fixie und macht damit was ihr wollt, es also in die Garage stellen.
Ihr habt sowieso keine Ahnung von dem was Ihr tut und es interessiert Euch auch nicht.
Früher wollte ich immer, dass es viel mehr Moppeds auf den Straßen gibt. Ich hatte gedacht, je mehr Moppeds unterwegs sind, desto eher wird der Mensch vorne rechts im Bürgerkäfig wissen, dass es Einspurige gibt. Wenn mehr Moppeds im Berufsverkehr als Transportmittel genutzt werden, würden Busspuren freigegeben oder Staus nähmen ab. So ist es aber nicht.
Je mehr Freizeit-Moppeds auf der Straße unterwegs sind umso mehr Einschränkungen gibt es: Streckensperrungen, Polizeikontrollen und so weiter, das ganze Programm. Wenn mehr Moppeds in der Stadt auf dem Bürgersteig parken, weil es keine Parkplätze gibt, werden mehr Strafzettel geschrieben.
Je mehr Moppeds am sonnigen Samstag unterwegs sind umso mehr Medienberichte über tödliche Unfälle gibt es. Und wenn dann mal im Erscheinungsgebiet der Kreiszeitung alle den Samstag überlebt haben, wird über den Motorradlärm geschrieben. Jedes Jahr im Frühling gibt es beide Themen in einer Reportage im Fernsehen.
Irgendwann wird jemandem auffallen, dass so viele Moppeds auf der Straße nun doch auch Maut zahlen müsssen. Daher, bleibt weg von der Straße, Ihr Hobbyisten. verbrennt nicht meinen Sprit, sorgt nicht für noch mehr Verbote.
Und falls Du doch mal fährst und wir an der gleichen Wurstbude am Wegesrand stehen, lass mich mit Deinen Ansichten und Geschichten in Ruhe.
Erzähle mir nicht von Deiner Cafe Racer-Kultur, wenn Du mit den Worten »Busy Bee« nichts anfangen kannst. Ja, google ruhig.
Dein Traum, mit einer Harley die Route 66 entlang zu fahren interessiert mich nicht.
Es ist mir egal, dass du zwei GS auf einem Trailer bis in die Alpen ziehen kannst.
Erzähl mir nicht um wie viel Promille sich meine Überlebenschance erhöht, wenn ich eine Airbag-Warnweste mit Rundumleuchte anziehen würde oder, dass ein 150 PS-Mopped ohne Traktionskontrolle unfahrbar ist oder was Klacks (kannst Du auch googlen) dazu gesagt hätte.
Ich weiß, dass alle die schneller fahren als Du gemeingefährliche Selbstmörder sind und alle die langsamer fahren Pussys, behalte es also für Dich.
Übrigens, bisher hat noch kein Mädel mir gegenüber gesagt: »Alle, die langsamer fahren als ich, sind Memmen.«