Kawasaki ER-6F und Honda CBR 650F – Gefahren

An einem schönen Sonntag ging es auf Testfahrt mit zwei Moppeds aus dem Testfuhrpark der Bikerszene, der Honda CBR 650F und der Kawasaki ER-6f; 649 ccm und 211kg haben beide ebenso wie eine Vollverkleidung. Die 72 PS der grünen Kawa sind auch nicht weit weg von Hondas 87 Pferden, beide Maschinen sind damit ausreichend motorisiert um überall wo es ein Tempolimit gibt zu schnell für den Führerschein zu sein.
Die 87 PS der Honda überraschen ein wenig, denn der Vorgänger hatte noch 102 davon und das bei einem kleineren 600er Motor. Mir gefällt es, dass Honda mit den neuesten Modellen nicht auf die Lufthoheit über den Stammtisch-Zeitschriften abzielt sondern auf den Fahrer. Ja, der auf der Hornet basierende Vorgänger hatte eine höhere Endgeschwindigkeit und möglicherweise fährt Marc Marquez mit der 600er schneller über irgendeine Rennstrecke als mit der Nachfolgerin, die auf der nicht-mehr-Hornet basiert. Aber was soll’s? Draußen auf der Landstraße macht der Fahrspaß den Unterschied. Ich sage immer, ein Mopped das gefahren wird ist um Längen besser als eines, das auf dem Papier gut aussieht und in der Garage steht. So gesehen sind die 15 PS Leistungsunterschied zwischen den beiden Testkandidaten egal; auf der Landstraße sowieso.

Honda CBR650F und Kawasaki ER-6F gefahren

Für mich war es der Erstkontakt zu beiden Maschinen. Der Basispreis von 6.995 Eumel für die ER liegt mehr als 15% unter den 8.290 der Honda. Das hat mich überrascht, denn die Honda wirkt auf mich noch wertiger. Ich kann es nicht an bestimmten Details festmachen, es ist mehr ein Gefühl und damit absolut subjektiv und nicht belegbar. Die Kawa wirkt nicht etwa billig, bei Ihr entspricht der Preis der Qualitätsanmutung, sie ist Ihr Geld auf jeden Fall wert.
Genug geguckt, es ist Zeit aufzusitzen und zu fahren. Auf der Honda passt alles, Hintern, Füße und Hände signaliseren: „So muss das, hier wollen wir hin.“ Ich weiß beim ersten Platznehmen, auf dieser Maschine kann ich bei jedem Wetter auf allen Straßen stundenlang fahren. Für mich würde ich den Brems- und den Kupplungshebel noch einen Zentimeter nach unten drehen und das Spiel im Gaszug halbieren. Auch auf der Kawa würde ich den Gaszug anpassen, damit erschöpfen sich die Gemeisamkeiten beider Maschine aber auch. Auf der Grünen sitze ich zu weit hinten, die Fußrasten sind einen Tick zu hoch (oder der Sitz zu tief), der Lenker zu hoch und zu weit hinter dem Steuerkopf, ich sitze oben herum eher wie auf einer Reiseenduro der späten 80er. Das finde ich seltsam, denn mit der Versys hat Kawasaki eine Reiseenduro in der ER6-Familie und die 6f wird auf der Website bei den Sportlern einsortiert. Schnell wieder zurück auf den Vierzylinder, den Honda als Supersportler anbietet. Ich halte ihn eher für einen Sporttourer, dass ich Recht habe zeigt sich bereits auf den ersten Metern in der Stadt. Die 650er ist dafür gebaut immer gut zu funktionieren. Der Motor lässt sich niedrigtourig fahren und am Ortsausgangsschild dreht er hoch und gibt seine Leistung linear ab. Es gibt keine bösen Überraschungen, weil aus Homologationsgründen ein Leistungsloch eingebaut wurde, dessen Ende gerne als Leistungsexplosion wahrgenommen wird. Wer schneller beschleunigen will schaltet herunter, nötig ist es jedoch nicht, auch nicht für Überholvorgänge auf der Landstraße. Das Fahrwerk spielt auf der selben Klaviatur, Gabel und Federbein arbeiten synchron und melden dem Fahrer, dass der Asphalt mies ist und sagen im selben Atemzug, dass sie es im Griff haben. Linienkorrekturen sind jederzeit möglich, wenn der Fahrer sich verschätzt hat. Dem Fahrwerk kann man daran keine Schuld geben, denn die Honda fährt dahin, wohin sie dirigiert wird. Alles funktioniert perfekt und lässt genug Kapazitäten im Kopf um die Landschaft und die Strecke zu genießen.

Honda CBR 650f gefahren

Die Kawa ist da ganz anders. Der Twin wirkt lebhafter, er vibriert und ist auch akustisch präsenter. Durch den aufrechteren Oberkörper und den weiter hinten liegenden Sitz wirkt sie agiler, der Wendekreis ist kleiner. Das Fahrwerk ist ein wenig steifer, Schlaglöcher kommen stärker bis zum Fahrer durch, Gabel und Federbein arbeiten nicht ganz so synchron wie auf der Honda, der Geradeauslauf ist nicht ganz so stabil. Trotzdem fährt die Kawa auf der gewählten Linie durch die Kurve. Korrekturen werden mit ein wenig Unruhe quitiert, aber eher in der Art von „Ich habe es gemerkt“, nicht unwillig oder störend. Als Resultat wird der Fahrer auf der ER mehr gefordert muss aktiver und bewusster ins Geschehen eingreifen.

Kawasaki ER-6f gefahren

Obwohl die Honda das viel bessere Motorrad ist hatte ich auf der Kawa mehr Spaß, eben wegen der Unzulänglichkeiten. Wenn es meine wäre, würde ich jedoch mindestens den Lenker austauschen.

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